Kunstaktionen


3. Zyklus

Unwetter
C-Print auf Folie, Scheinwerfer, Gedicht
2008

Simone Eckert

Die Fotokünstlerin Simone Eckert (*1978) hat eine der Ausstellungs- Vitrinen in einen großen Leuchtkasten umgewandelt. Der Betrachter sieht darauf das stimmungsvolle Panorama-Bild eines Unwetters. Allerdings wird die gewohnte Wahrnehmungsweise durch die Schau von außen auf den Rundumblick regelrecht umgestülpt: Ähnlich wie in Rainer Maria Rilkes Konzept des „Weltinnenraums“ entsteht ein in sich geschlossener Kosmos, der Innen und Außen, Subjekt und Objekt neu definiert und verbindet.

Ich sehe den Bäumen die Stürme an,
die aus langgewordenen Tagen
an meine ängstlichen Fenster schlagen,
und höre die Fernen Dinge sagen,
die ich nicht ohne Freund ertragen,
nicht ohne Schwester lieben kann.

Da geht der Sturm, ein Umgestalter,
geht durch den Wald und durch die Zeit,
und alles ist wie ohne Alter:
die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,
ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.

Wie ist das klein, womit wir ringen,
was mit uns ringt, wie ist das groß;
ließen wir, ähnlicher den Dingen,
uns so vom großen Sturm bezwingen, –
wir würden weit und namenlos.

Was wir besiegen, ist das Kleine,
und der Erfolg selbst macht uns klein.
Das Ewige und Ungemeine
will nicht von uns gebogen sein. (…)

Aus Rainer Maria Rilke: „Der Schauende“, 1901

Stadt-Teile
Fundstücke, Beleuchtung
2008

Peter Kretzschmar

Der Bildhauer Peter Kretzschmar (*1972) hat Fundtücke vom Sperrmüll so kombiniert, dass sie formal an die Ansicht einer Stadt mit ihren Häusern, Fassaden und Straßenschluchten erinnern. Zugleich verweisen die einzelnen Einrichtungsgegenstände – als Träger von Erinnerungen – auf das Leben ihrer ehemaligen Besitzer. Anonymität und Emotion, Behausung und Mensch sind ästhetisch ineinander verschränkt. Durch den städtischen Staub, der sich allmählich über die Installation legt, wird sie schließlich – symbolisch und real – selbst zu einem Teil der Stadt.

Auf der Jagd
Videoloop, 6 Minuten
2008

Salla Rautiainen

Die finnische Künstlerin Salla Rautiainen (*1978) versetzt in ihrer animierten Schwarzweiß-Zeichnung ein Stück nordfinnische Taiga in die Klett-Passage. Durch die Bäume und Äste eines verschneiten Fichtenwaldes sieht der Betrachter – in einer unterbrechungslosen Kamerafahrt – eine Jagdgeschichte an sich vorbeiziehen. Dank der farblichen Reduktion auf Weiß und Schwarz und der gleichmäßigen, langsamen Erzählweise entsteht ein Gefühl von Ruhe, das an Naturerlebnisse erinnert und dem Betrachter suggeriert, sich tatsächlich weitab des hektischen Treibens der Großstadt zu befinden.

o.T. (Rolltreppe)
Videoloop, 0:40 Minuten
2008

Menja Stevenson

Bewegte und unbewegte Quer- und Längsstreifen irritieren den Blick: Handelt es sich etwa um ein falsch eingestelltes Fernsehbild? Erst das kurze Erscheinen eines Fußes liefert – wie bei einem Vexierbild – die verblüffende Erklärung: Über einer Rolltreppenstufe bauscht sich im Wind ein gestreifter Rock auf. Kaum ist das erste Rätsel gelöst, taucht allerdings ein neues auf: Wie kann es sein, dass die Rolltreppe ins Unendliche fährt? Die Videokünstlerin Menja Stevenson (*1982) führt den Betrachter – scheinbar beiläufig und subjektiv – an zentrale Fragen der Wahrnehmung heran.

Emotion
Bedruckte Platten, Stahl, Schnur, Motoren
2008

Kestutis Svirnelis

Eine in der Mitte geknickte Riesen-Dollarnote neigt sich nach vorn und zurück – mit verblüffendem Effekt: George Washingtons Gesichtsausdruck schwankt ständig zwischen Freude und Enttäuschung hin und her. Indem der litauische Künstler Kestutis Svirnelis (*1976) den Kindertrick mit dem Geldschein stark vergrößert in einer Einkaufs-Passage präsentiert, werden verschiedene Assoziationen freigesetzt: Von den subjektiven Gefühlen beim Blick in den Geldbeutel bis hin zu den globalen Marktschwankungen durch die in den USA ausgelöste Finanzkrise.